Die Annahme, eine gemeinsame und abwechselnde Betreuung ginge nur im Konsens, ist wissenschaftlich widerlegt.
Der definierte „Umgangs“-Elternteil darf im heutigen Recht nicht hälftig betreuen, selbst wenn er dies explizit wünscht und dies auch dem Interesse des Kindes am besten entsprechen würde. Denn der „betreuende“ Elternteil kann nach Auffassung der derzeitigen Rechtsprechung ohne Angabe von Gründen einer paritätischen Betreuung („Wechselmodell“) widersprechen. Eine gemeinsame und abwechselnde Betreuung ist gegen den Willen eines Elternteils nach deutschem Recht praktisch ausgeschlossen und kann vom Familiengericht normalerweise nicht angeordnet werden.
In Deutschland hält sich hartnäckig die Vorstellung, dass ein Residenzmodell bei nur einem Elternteil, zukünftig für weniger Streit sorgen würde als ein Wechselmodell auf Augenhöhe bei beiden Elternteilen. Das Gegenteil ist der Fall. (Quelle)
Es ist unwahrscheinlich, dass ein großes Machtgefälle und Ungleichgewicht auf der Elternebene ausgleichend auf den elterlichen Streit wirken wird. Vielmehr stellt oft genau diese offensichtliche und willkürliche Ungleichbehandlung der Eltern die Ursache für jahrelangen und erbitterten Streit dar, und lässt die Zahl von Verfahren vor Familiengerichten enorm ansteigen.
In anderen Ländern wird gerade, um die Augenhöhe zwischen den beiden Eltern zu wahren, im Streitfall ein Wechselmodell angeordnet. Die Streitfälle vor dem Familiengericht sind dort dadurch enorm zurückgegangen.
Auch lohnt es, den Anlass des Streites zu überprüfen: Oft kämpft der eine Elternteil (meist vergeblich) um sein natürliches Grundrecht, seine eigenen Kinder erziehen zu dürfen, während der andere versucht, einen Geld- und Machtvorteil innerhalb der Gesamtfamilie zu erlangen.
Darüber hinaus ist es möglich, dass „Konflikthaftigkeit“ eine Prozessstrategie eines Elternteils darstellt, um ein durchaus sinnvolles Wechselmodell abzuwenden.